gebraucht kaufen

Spartipp No.2: gebraucht kaufen

 

Warum wir wissen, dass Dinge gebraucht günstiger sind, es aber nie ernsthaft als Alternative zum Neukauf in Betracht ziehen. Und warum wir das ändern sollten!

Wenn man sparen will, dann liegt es natürlich erstmal nahe, Dinge lieber gebraucht zu kaufen. Jedem leuchtet wohl ein, dass gebrauchte Waren immer erheblich günstiger zu haben sind, als Neuwaren. Und doch denken die Wenigsten wirklich ernsthaft über diese Alternative bei einem Kauf nach.

 

Warum eigentlich nicht?

It’s new, it’s magic

Nun zunächst einmal liegt es daran, dass die Eigenschaft neu etwas Magisches an sich hat. Der Geruch, wenn man etwas zum ersten mal auspackt, der Glanz, das Unverbrauchte, das Makellose. Sogar ich als überzeugter Gebrauchtkäufer habe dagegen keine direkten Argumente hervorzubringen.

 

Die Verführung ist zu groß

Außerdem ist gebraucht Kaufen wahnsinnig zeitaufwendig und umständlich. Heut zu Tage brauche ich nur zu Media Markt gehen, das Produkt in die Hand nehmen, ein Stück Plastik zu zücken und schon ist die Sache durch. Nicht 3,2,1 Meins! sondern einfach: Meins! Es geht sogar noch einfacher: Amazon ist nur ein Mausklick entfernt. Hier reicht ein weiterer  Klick auf den Kaufen- Button und schon wird automatisch bezahlt und am nächsten Tag klingelt schon der Postbote an der Tür. Es gibt ganze Industrien, die uns den Kaufprozess so leicht wie nur irgend möglich machen wollen.

 

Ja, zugegeben, auf den ersten Blick spricht wenig für das gebraucht kaufen, doch wie überall im Leben:

There is no free lunch.

Es gibt im Leben nichts umsonst, auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht. Alles unbedingt neu haben zu wollen, kommt uns in der Tat wahnsinnig teuer zu stehen.

 

Zeit, das Mysterium Neukauf zu entzaubern: Los gehts!

Mit dem neuen SUV ins Gelände? Nee, der ist dafür viel zu schade!

Angenommen du gehst jetzt zu Media Markt und kaufst dir ein neues Handy. Wieder Zuhause angekommen kannst du es kaum erwarten, es auszupacken. Doch was passiert? Ganz vorsichtig nimmst du es aus der Verpackung, jetzt bloß nicht fallen lassen! Du behandelst das Handy in den ersten Wochen wie ein rohes Ei. Mehrmals am Tag musst du an dein Handy denken. Besonders vorsichtig legst du es auf den Tisch…

 

…als dein Kumpel an der Tür klingelt. Stolz präsentierst du ihm deine neueste Errungenschaft. Doch mit Argwohn beobachtest du, wie er mit dem Handy umgeht. Und dann passiert es:

 

Mit einem furchtbaren Krachen fällt das Handy zu Boden, dein Puls beginnt zu rasen. Die Wut auf deinen Freund und die Verlustangst steigen in dir auf. Doch dann die Erleichterung: Noch mal gut gegangen, nichts passiert!

 

Doch die Wut auf den Freund bleibt erstmal, vielleicht schmeisst du ihn sogar raus.

Je teurer, desto emotionaler

 

Jeder Kratzer, jede Macke die beim Gebrauch nun mal unweigerlich früher oder später entsteht, bereitet dir qualvolle Schmerzen. Im Wissen dessen, beugst du vielleicht vor: kaufst dir eine Schutzfolie, eine Schutzhülle, verlängerst die Garantiezeit und schließt am besten gleich noch eine Versicherung ab. Vor allem die Versicherung und die Garantie nehmen dir viel Druck und Stress und du fühlst dich sicher.

 

Druck und Stress? Hallo?! Wir reden hier von einem Gebrauchsgegenstand! Druck und Stress kannst du mit deinen Amigos oder mit dem Chef und deiner Arbeit haben, vielleicht auch gelegentlich im Darmtrakt aber doch niemals mit einem Gegenstand!

 

Dein Seelenfrieden ist hoffentlich von Personen abhängig, nicht von Gegenständen!

Sicherheit hat immer einen hohen Preis

Was ist passiert? Du hast für die Eigenschaft „neu“ einen hohen Preis bezahlt und hast dann für die Sicherheit und den möglichst langen Erhalt dieser Eigenschaft noch einmal kräftig an Preis nachgeschossen. Wobei die Eigenschaft „neu“ sowieso spätestens mit dem ersten Öffnen der Verpackung für immer verloren ist.

 

Und mit ihr meist auch schon 5-25% des Wertes, je nach Produkt. Es geht also nurnoch um den möglichst langen Erhalt der Eigenschaft „neuwertig“.

 

Je teuerer das Produkt war, umso größer sind in der Regel die Emotionen, die du damit verbindest. Klar, eine gewöhnliche Kaffeetasse ist in der Regel deutlich schneller ersetzt, als ein an die Wand gefahrener Ferrari F320.

 

Wie du siehst, gehen mit der Anschaffung eines neuen Produktes gewisse Zwänge und Emotionen einher, die dein Handeln unbewusst beeinflussen.

And the winner is: Emotionale Gleichgültigkeit!

 

Doch ist dieser Einfluss nur vorübergehend:

 

Der erste Kratzer ist furchtbar schmerzhaft, der Zweite nurnoch schmerzhaft, beim Dritten sagst du dir schon: „Hey, es ist halt ein Gebrauchsgegenstand“ und der Vierte ist dann einfach irgendwann da, vermutlich hast du es gar nicht bemerkt.

 

Mit dem Wertverlust geht also auch eine steigende emotionale Gleichgültigkeit einher. Eine Gleichgültigkeit, die du als rational denkendes Wesen immer bei Gegenständen haben solltest. Doch sind wir alles andere als rationale Wesen, selbst dann nicht, wenn wir es bewusst mit allen Mitteln versuchen.

 

So ein Kratzer beeinflusst die Funktion des Gerätes in keinster Weise! Wegen einer Delle in der Stoßstange fährt deshalb kein Auto besser oder schlechter. Und doch ist ein Wagen mit Delle deutlich weniger Wert.

 

Mach dir die allgegenwärtige Irrationalität der Menschen zu Nutze!

 

Irrationalität lässt sich weder vermeiden noch umgehen, also mach sie zu deinem Freund!

 

Als Gebrauchtwarenkäufer  profitierst du ungemein von diesen Irrationalitäten. Jede Delle, jeder Kratzer, jeder Makel und sei er auch noch so klein, wird plötzlich zu deinem Freund.

 

Du steigst zu einem Zeitpunkt in den Warenkreislauf ein, bei dem der größte Wertverfall bereits hinter dem Produkt liegt und wo die emotionale Gleichgültigkeit schon weit fortgeschritten ist. Dazu noch ein kleines persönliches Beispiel:

 

Anfang 2014 war ich auf der Suche nach einem Kombi. Klar hätte mir ein neuer Audi A6 gut gefallen. Doch allein die „BOSE Surroundsound Anlage“ hätte mich hier zuzüglich zu einem Kaufpreis von schlappen EUR 45.280 nochmals EUR 990 Aufpreis gekostet. Bei meinem gebrauchten Mazda 6 war die Surround-Sound Anlage, ebenfalls von BOSE, einfach mit dabei.

Wenn schon teuer, dann richtig überteuert!

Überleg doch mal, EUR990? Was man dafür alles kaufen könnte! OK, eine Surround- Sound- Anlage könnte dem ein oder anderen Soundfetischisten tatsächlich soviel wert sein. Aber was ist mit einer Servo- Schließvorrichtung für Türen?

Ich zitiere: „Die Servoschließung sorgt für geräuscharmes und zuverlässiges Schließen der Fahrzeugtüren“ und das für schlappe EUR 600 Aufpreis!

 

Na wenn das mal kein angemessenes Preis- Nutzen- Verhältnis ist! Wer hat nicht ständig Probleme damit, eine Tür zu schließen?

 

Was ich für den Mazda bezahlt habe? Ganze EUR4300. Ich möchte das Ganze jetzt nicht bis ins kleinste Detail ausführen. Automagazine rechnen immer mal wieder vor, dass man für das Geld eines neuen Golfs mittlerweile einen guten gebrauchten Mercedes der Luxusklasse bekommt.

Gebraucht gilt als unsexy!

Doch wenn ich den Audi und den Mazda am Ende des Tages nebeneinander stelle, ist der Mazda in fast allen augenscheinlichen Punkten gnadenlos unterlegen. Und doch sind beides Kombis, mit nahezu identischem Ladevolumen, gleicher Motorleistung und beide werden meinem Bedarf zu 100% gerecht und beide lassen sich sicher mit 200km/h die Stunde bewegen, mehr als man die meiste Zeit über braucht.

Der größte Kostenfaktor ist oft der Wertverlust

In diesem Zusammenhang höre ich ganz oft das Argument: Ja aber der Audi ist ja viel sparsamer, günstiger in der Versicherung und hält viel länger, da er neu ist.“

 

Doch die laufenden Kosten werden einfach hoffnungslos überschätzt! Allein für den Wertverlust des Audis nach einem halben Jahr, kann ich den Mazda inklusive Versicherung, Benzin und Reparaturen mindestens ein Jahr lang fahren.

 

Der Audi ist ganz klar das bessere Auto aber sicher nicht besser, als 10 Mazdas zusammen, die ich mir für den selben Preis kaufen könnte.

 

Doch das ist nur ein Aspekt, den ich in einem späteren Tipp noch einmal genauer aufgreifen werde. Die oben besprochene emotionale Gleichgültigkeit ist auch hier wieder wesentlich entscheidender!

 

Verpasste Gelegenheiten durch mangelnde emotionale Gleichgültigkeit

Ungefähr 3 Monate nach der Anschaffung meines „neuen“ Mazdas habe ich einen Motor, Getriebe, Fahrersitze und diverse Kleinteile zu einem Preis in die Schweiz verkauft, den ich in Deutschland so niemals hätte realisieren können. Allerdings wusste mein Geschäftspartner nicht, wie er das Ganze transportieren sollte.

 

Herkömmliche Spediteure kamen dafür nicht in Frage und Spezialisten wollten exorbitant hohe Summen für den Transport. Der Deal drohte zu platzen.

 

Also ergriff ich die Initiative. Ich bot an, den Transport selbst zu übernehmen. Der Kunde war begeistert und freute sich so auf den Deal, dass er mir ungefragt EUR 250 mehr für den Transport geboten hatte.

 

Ich stopfte also den ölverschmierten, 300kg schweren Motor und das Getriebe in meinen Mazda. Dabei kam es unweigerlich zu Kratzern an der Verkleidung und zu Flecken. Um die Sitze noch zusätzlich ins Auto zu bekommen, musste der Beifahrersitz ausgebaut werden. Lange Rede kurzer Sinn:

 

Der Deal kam zustande, alles funktionierte reibungslos. Der Kunde war zufrieden. Ich hatte einen schönen, kostenlosen Wochenendtrip nach Österreich, Liechtenstein und die Schweiz und wenn ich Zeit gehabt hätte, hätte ich dort auch noch für den Rest der EUR250 in einem netten Hotel übernachten und mir Vaduz, die Schweiz, vielleicht aber auch den Bodensee, oder alles zusammen, je nach Lust und Laune, anschauen können- für lau!

 

Die Frage ist, hätten sich all diese Möglichkeiten und Gelegenheiten ergeben, wenn ich mich damals für den Audi entschieden hätte? Definitiv nein! Meine persönliche emotionale Gleichgültigkeit wäre bei einem 3 Monate alten Auto bei weitem noch nicht so hoch gewesen, für den Deal Schäden am Wagen zu riskieren.

 

Der Deal wäre definitiv geplatzt und ich hätte meine Ware in Deutschland mit einem Abschlag von mindestens EUR1000 verkaufen müssen. So gesehen hat der Mazda 1/4 seines Werts an diesem einen Tag wieder eingespielt.

 

Powertipp No. 2: Gebraucht kaufen, um menschliche Irrationalitäten zu einem starken Verbündeten zu machen

 

Alle Powertipps fürs Sparen im Überblick

 

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Steffi
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Steffi

Normal gebe ich nie meinen Senf dazu..heute muss ich einfach! Echt voll gut geschrieben Basti. Danke!!